Reise

Pakistan – dem Himmel so nah

Nach dem anstrengenden letzten Tag in China rollen wir erleichtert auf den letzten – man möchte es kaum glauben! – chinesischen Kontrollposten zu. Nach erneuter ausführlicher Kontrolle unserer Pässe und Visa (es hätte sich in den letzten zwei Stunden was ändern können, was nicht auf einer der Dutzenden Überwachungskameras der Strasse im Nirgendwo festgehalten worden wäre), werden wir durchgewunken. Vor uns der Khunjerab-Pass mit seinem bekannten „Triumphbogen“, auf 4693m Höhe! Wow, wie lange haben wir uns auf diesen Augenblick gefreut! Nur schade, dass wir die Freude nicht mit unseren China-Transit-Teilnehmern teilen dürfen. Aufgrund administrativer Missverständnisse wurde ausgerechnet unsere TINKA als „Commercial Truck“ aufgenommen und hat so erst nach Stunden des OK zum Verlassen des Landes bekommen.

Deshalb will Karin wenigstens die Durchfahrt TINKAs unter dem Triumphbogen fotografisch festhalten, springt aus dem Auto und beginnt zu knipsen. Wahrscheinlich war der Zollbeamte anderweitig abgelenkt, auf jeden Fall bemerkt er das Vergehen erst, als sich die ganze Familie vor TINKA positioniert, und scheucht uns umso energischer weg. Das bekannte „Go, Go, Go!“ kann uns nun aber nicht mehr schrecken, im Gegenteil. Karin drückt der verdutzten Autorität die Kamera in die Hand und teilt ihm mit, dass wir den Platz erst verlassen, wenn er ein Bild der ganzen Familie gemacht hat. Und tatsächlich, mit den Worten „but only one picture!“, schiesst der gute Mann ein Bild fürs Familienalbum – wofür wir dankbar sind. Dann werden wir definitiv aus China gescheucht.

Keine fünfzig Meter weiter, auf pakistanischer Seite, werden wir begrüsst wie bekannte Rockstars. Ein jeder will ein Foto mit uns, Dutzende „Welcome to Pakistan“ werden uns entgegen gerufen. Die Video-Interviews mit der hauptsächlichen Frage, wie es uns denn in Pakistan gefalle, finden wir dann doch etwas schräg, sind wir doch erst vor zwei Minuten in diesem Land angekommen. Trotzdem: es fühlt sich gut an! Wir merken, wie die Beklommenheit, die uns während dem ganzen China-Transit wie ein klebriger Staub angehaftet ist, abfällt. Wir können durchatmen, und wie! Dies trotz fast 5000 Metern Höhe, die wir überhaupt nicht merken. Die Kulisse ist grandios, das pakistanische Karakorum empfängt uns in seiner ganzen Grösse und Schönheit!

Nun aber trotzdem nochmals „hurry, hurry“, denn der Tag neigt sich bereits dem Ende zu, es wird dunkel; und vor uns liegen doch noch gute 80km bis zum offiziellen Pakistanischen Zoll in Sost, wo wir uns registrieren müssen. Leider in Dunkelheit fahren wir diese Kilometer herunter, passieren zweimal noch irgendwelche Grenzposten, die uns jedes Mal herzlichst begrüssen und uns zum Tee einladen, den wir aber aufgrund der fortschreitenden Zeit ausschlagen müssen. Die Strasse ist gut, dennoch begegnen wir mehrfach Resten von Erdrutschen, die hier einfach eine gewaltige Kraft haben müssen. Ausserdem muss sich Toralf an die Linksfahrerei gewöhnen und die vielen entgegenkommenden Mofas, die sich dann immer als Auto mit nur einem funktionierenden Scheinwerfer herausstellen machen das Fahren auch nicht entspannter. Völlig erschöpft treffen wir in Finsternis in Sost ein, wo uns die Zollbeamten schon entgegengelaufen kommen und uns auch hier sehr herzlich begrüssen. In weniger als einer halben Stunde sind sämtliche Grenzformalitäten erledigt; so unkompliziert war eine Einreise noch gar nie!

Die anderen Teilnehmer des China-Transit haben sich schon auf einem Hotel-Parkplatz eingerichtet, wir stossen dazu. Bei einem Tee auf dem Hoteldach lassen wir alle die letzten Tage Revue passieren und fallen schliesslich alle platt ins Bett.

Am nächsten Morgen zeigt sich die Schönheit des Ortes in voller Pracht; die Berge sind einfach gigantisch und so unglaublich nahe; vor Ergriffenheit kommen uns fast die Tränen. Das Leben auf der Strasse lässt Erinnerungen an Indien aufkommen, ebenso die verschiedenen Gerüche. Ach, wie gut es sich doch anfühlt, zum Frühstück Parathas mit Kichererbsen Curry und reichlich zuckersüssem Tee zu verspachteln. Von den fast überreifen, sonniggelben Mangos ganz zu schweigen. Eine Explosion der Sinne. Die besten und teuersten Mangos in der Schweiz können diesen nicht annähernd das Wasser reichen!

Alle wollten eigentlich am Tag nach der Ankunft weiterziehen, aber alle sind doch zu geschafft, um schon aufzubrechen. So werden alle Notwendigkeiten wie Putzen, Wasserauffüllen, Vorräte beschaffen etc. abgearbeitet. Karin und Tabea ziehen los, um sich ein Salwar Kameez schneidern zu lassen – Frauen und Shopping halt!

Die Menschen begegnen uns allen sehr freundlich, wir fühlen uns äusserst willkommen. Langsam ziehen wir los, um dem Karakorum Highway entlang Richtung Süden zu fahren. Aber der nächste gemütliche Ort lockt schon bald. Passu, eine kleine Ansiedlung im oberen Hunza-Tal und am Karakorum Highway liegend, hat es uns angetan. Das Tal weitet sich hier und bietet fantastische Ausblicke und natürlich Wanderungen. Vier Gletscher münden hier, die über 6000 Meter hohen Berge der Cathedral Ridge oder Cones, runden die Wahnsinns-Kulisse ab, die sich uns von unserem Stellplatz direkt am Fluss bietet. Ein Traum für jedes Bergsteiger-Herz! Etwas weiter unten im Tal soll es zwei Hängebrücken geben, die eine davon gut zugänglich. Diese wollen wir uns anschauen. Nach einer kurzen Wanderung aber die Enttäuschung: aufgrund eines Streites zwischen Staat und dem Dorf ist die Brücke momentan für Fremde nicht zugänglich. So ärgerlich! Vor allem hätte man dies doch oben an der Strasse beim Wegweiser anschreiben können. Karin macht ihrem Unmut bei den Locals Luft, und wir bekommen den Hinweis, dass die Brücke von der gegenüberliegenden Seite her aber zugänglich wäre. So machen wir uns am nächsten Tag auf, die Passu-Brücke aufzusuchen, um auf die andere Seite des Flusses zu kommen. Die Wanderung zur Brücke ist sehr steil und ausgesetzt; Karin ist froh, als sie Toralf, der TINKA am Zielpunkt parkiert hat, zu sehen. Ein Kind in der Kraxe, das andere am kurzen Seil – nun ja, entspannend ist anders. So erreichen wir aber problemlos die Brücke, die wir bald unter die Füsse nehmen. Gewohnt von den vielen Klettersteigen finden wir die Brücke mit ihren über zweihundert Metern Länge zwar ordentlich lang, aber nicht besonders aufregend. Im Nachhinein erfahren wir, dass diese Brücke als eine der gefährlichsten überhaupt gilt. Der weitere Weg führt uns durch schöne Landschaften und schliesslich stossen wir auf Sommeragglomerationen von Steinhäusern, wo viele Familien bei der Grasernte sind. Das Heu wird gebündelt und in Kraxen auf die Gegenseite des Flusses getragen, da nur so die Tiere genügend Futter für den Winter haben. Auch hier werden wir mehrfach zum Essen und Tee eingeladen. Die Kinder wandern wacker, nur für die Querung der zweiten Brücke packen wir sie in die Rucksäcke. Als wir auf der Gegenseite ankommen, lacht uns der Brückenwächter, der uns gestern den Zutritt verwehrt hat, an und zwinkert uns zu. Geht doch!

Müde und zufrieden kehren wir ins Glacier Breeze Restaurant ein, das einen über die Landesgrenzen bekannten Aprikosenkuchen anbietet. Das Restaurant wird von Zwillingsbrüdern geführt – natürlich kann das Zwillings-Zwillings-Foto nicht ausbleiben. Ob es wohl auch in die Galerie zu den Fotos mit dem Premierminister kommt?

2 comments

  1. Wonderfully you are covering your Trip. i am really very Impressed. wish you best of luck for the safe Journey.

    1. Thanks again for your help and your hospitality! We enjoyed it very much.

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