Das Ganze fing schon vor unserer Fahrt an. Auf TINKA sind dicke Stiefel montiert in der Dimension 295/80R22.5. Das hört sich erst mal ganz stattlich an, ist aber als Mindestmass zu sehen.

Vor der Abreise haben wir das Reserverad überprüfen wollen und sind unter der Plane mit dem Tuareg auf eine unschöne Überraschung gestossen: ein deutlich kleineres Rad und dazu in einem so schlechten Zustand, dass wir es nicht einmal ansatzweise als Ersatzrad in Erwägung ziehen konnten. Bei der Besichtigung des Fahrzeuges hätten wir wohl die hübsche Abdeckplane entfernen und auch das Reserverad in Augenschein nehmen sollen.

Hübsche Abdeckung mit unschöner Überraschung drunter

Die Suche nach einer fünften Felge erwies sich als aussichtslos. Die bekannten Umrüster auf Einzelbereifung konnten uns lediglich Sätze von fünf neuen Felgen zu Apothekerpreisen anbieten . Im Forum und auf dem Gebrauchtmarkt sind wir ebensowenig fündig geworden.

Das Problem ist, dass bereits 8-Loch-Felgen selten sind. Es muss zudem noch folgendes stimmen:

  • Mutternanzahl
  • Lochkreisdurchmesser
  • Felgendurchmesser
  • Felgenbreite
  • Einpresstiefe

Schlussendlich sind wir mit einem Ersatzrad in 11.00R20 losgefahren. Das ist rechnerisch 1.6cm bzw. 4% schmaler. Allerdings fällt das auf der Lauffläche in Wirklichkeit weniger stark aus. Der Reifenradius weicht rechnerisch um 12mm oder 2.2% ab. Das ist wahrscheinlich weniger, als dies durch Luftdruckunterschiede oder abgefahrenes Profil häufig der Fall ist.

Die Drehtzahlunterschiede zwischen links und recht gleicht das HA-Diffentzial bzw. das Vorderachs-Differential aus.

Wie schädlich das für das Differential ist, konnte uns niemand sagen. Aber – wir hatten keine Wahl, daher ging es so los.

In Tadjikistan kamen erstmals Zweifel an den Reifen auf. Das Fahren auf Schotterpisten stellt zum einen die Frage, ob 8 Bar nicht zu viel für Fahrgestell und Aufbau sind. Wenn dann aber ganze Profilblöcke aus dem Reifen ausbrechen, fragt man sich auch, wie weit man mit den Reifen noch kommt.

In Pakistan kam es zum ersten richtigen Reifenschaden. Beim Rangieren ist das Hinterrad seitlich von einem Kanal-Abdeckblech gerutscht und dabei wurde die Reifenflanke arg verletzt. Es gab aber keine Verletzungen im Gewebe – also alles (noch) gut. Auf Nachfrage bei den pakistanischen Reifenhändlern hiess es bei 295/80R22.5 immer nur „Islamabad“. 11.00R20 wäre verfügbar.

Bei der Rückreise zeigte sich im Iran ein 1mm-Loch in der Flanke. Auf dieser Höhe war der Reifen schon von Anfang an strapaziert. Das Loch vergrösserte sich dann über mehrere Tage zu einem Riss. In Bushehr haben wir versucht, einen passenden Reifen zu bekommen. Für 38 Mio. Rial wäre ein Paar iranische oder chinesische Reifen passender Grösse erhältlich. Leider waren ausschliesslich Reifen für die Lenkachse verfügbar, die also kaum  Vortriebskräfte übertragen können. Damit wäre aber der Allrad-Antrieb sinnlos.

Also erst mal das defekte Hinterrad runter, das Ersatzrad nach vorn und das von vorn nach hinten – und weiter nach Isfahan.

In Isfahan war dann ein ganzer Tag Reifensuche – mit gefühlten 100x Teetrinken – angesagt. Ganz kurz: 315er Reifen  gibt es an jeder Ecke. 295er haben nur wenige – und die wieder nur für die Lenkachse. Nach 5 Stunden meldet sich ein Reifenhändler nochmals. Er könnte für 50 Mio. 2 Antriebsreifen in 295 auftreiben. Nach dem Schneeflocken-Symbol fragen wir schon gar nicht mehr und sind froh über diesen Erfolg.

Die Reifen sind gegen Mittag da. Die bisherigen Reifen der Hinterachse sind auf den Fahrzeug-inneneren Profilblöcken mit einem schweren Sägezahn versehen. Die hätten wirklich mehr Luftdruck vertragen. Ab in die Tonne. Zu den 50 Mio. IRR für die Reifen kommen 800’000 IRR für den Transport und 500’000 IRR für die Montage mit Auswuchten. Also keine 180 Euro pro Reifen inkl. Transport und Montage.

Bis heute ist für uns nicht ganz nachzuvollziehen, was im Iran gefahren wird. 295/80R22.5 sind normale Reisebus-Reifen. Scheinbar wird vorn das 295/80R22.5 gefahren und auf den Doppel-Antriebs.Achsen das 315/80R22.5.

Die Wahl des passenden Reifens für eine längere Reise ist und bleibt schwierig. Bis in die Türkei waren 295/80R22.5 wirklich der Standard-Reisebusreifen. In den Stan-Ländern ist 12.00R20 gut verfügbar. Im Norden Pakistans war der 11.00R20 der Standard-LKW-Reifen.

Für TINKA wäre wohl auch der 315/80R22.5 oder der 12.00R20 technisch gesehen eine gute Wahl. Da müsste man nur noch mal einen wirklich kompetenten TÜV-Ingenieur finden, der die Eintragung dieser Reifen in den Fahrzeugschein zulässt.