Ja, wir sind wieder im Iran. Es ist für uns, als kämen wir ein Stück nach Hause. So vieles ist uns noch geläufig von den 2 Monaten hier vor einem Dreiviertel Jahr: schon bald sehen wir die ersten Kebab-Grills rauchen, die ersten ausgebreiteten Picknickdecken und all die vielen Schwestern von TINKA, deren Fahrer uns freudig zuhupen und -winken. An der Tankstelle, wo wir übernachtet haben, bekommen wir ein Vorweihnachts-Geschenk: 200 Liter Diesel – einfach so! Auch unter Berücksichtigung des Taroof dürfen wir nichts bezahlen.
Sprit for free kleine Säckchen Orangen
Kaum sind wir im Iran, hat uns auch die reiche Kultur wieder. Wir besuchen Bam, eine historische Zitadelle und der grösste Lehmbaukomplex, der 2003 durch ein Erdbeben dem Boden gleich gemacht wurde. Die UNESCO erklärte das 2.500 Jahre alte Festungswerk mit der darin liegenden Altstadt 2004 zum Weltkulturerbe. Dank des Kulturerhalt-Programms des Auswärtigen Amts ist nun ein zentrales Gebäude der Zitadelle wiederaufgebaut worden. Bei der Konservierung und dem erdbebensicheren Wiederaufbau kooperierten die Technische Universität Dresden und die iranische Denkmalschutzbehörde. Die Festung ist mehr als eindrücklich. Ausser den Bauarbeitern findet sich keine Menschenseele in den alten Gemäuern, wir geniessen die Sonne und die Ruhe, die ausnahmsweise nur gelegentlich durch unser Kindergeplapper unterbrochen wird. Wir bekommen von den Arbeitern Orangen und Datteln geschenkt.
Die Kinder lieben diese Ortsschilder Auch mit Gips wird geflitzt Blick von der Zitadelle Bam Bam Bam
Ja, zur Zeit ist hier im Süden Dattel-, Orangen- und Granatapfelsaison – wir kaufen ordentlich ein: 30kg Orangen, 3kg Datteln und nochmals 3kg Granatäpfel. Nach dem Einkauf sind wir nun komplett pleite – die übriggebliebenen 15 Franken sind alle. Da im Iran keine ausländischen Kreditkarten akzeptiert werden, wollen wir – wie immer bisher hier – im Bazaar Geld wechseln. Es findet sich kein Wechsler, sodass wir schliesslich sogar in einer Bank landen, was üblicherweise nicht zu empfehlen ist, da der Umtauschkurs hier viermal schlechter ist. Aber selbst hier ist es nicht möglich, und nach ein paar Telefonaten des Bankangestellten werden wir informiert, dass ein Umtausch in ganz Bam unmöglich ist.
Wir sind unterwegs in die Wüste Lut, wo wir Weihnachten verbringen wollen. Eigentlich haben wir zur Feier des Tages ein nettes Nachtessen geplant – feine Lebensmittel gäbe es hier im Iran nun wieder zur Genüge. Nun ja, ohne Geld kein Essen – so müssen die letzten Schrumpelkartoffeln mit Zwiebeln herhalten und zum Dessert soll es Orangensalat mit Datteln geben. Das eher karge Mahl kann die Schönheit dieser Wüste nicht im Geringsten mindern. Nun haben wir bereits soviel von diesem Land gesehen – und immer wieder erwischt es uns: wir sind schlicht überwältigt von der überirdischen Schönheit dieser Landschaft, wo uns vollkommene Einsamkeit umgibt. Bei angenehmer Wärme streifen wir durch die Landschaft, klettern auf die abenteuerlichsten GebildeBeim Kochen hören wir Weihnachtslieder, Toralf liest vor dem Essen aus der Kinderbibel vor und vor dem Insbettgehen suchen die Kinder am Firnament den Weihnachtsstern.
TINKA in ihrem natürlichen Habitat Nächtlicher Besuch vom Fenek Weihnachten in der Wüste
In der Wüstenstadt Kerman schlendern wir bei frühlingshaften Temperaturen über den schönen alten Bazaar und genehmigen uns auf dem Dach eines ehemaligen Hamams ein fürstliches Mahl – wie fein die iranische Küche ist. Beim Bezahlen an der Kasse (wird im Iran beim Ausgang und nicht beim Kellner gemacht) können wir gerade noch verhindern, dass ein älterer Mann unser Essen mitbezahlt, kommen dafür wieder ins Gespräch und müssen lachen, wie verwundert er ist, als wir auf alle Vorschläge, was es im Iran zu sehen gibt, antworten, dass wir dort schon waren.
Kerman einheitliche Mode
Es zieht uns an die Küste, und schon bald erreichen wir Bandar-e Abbas. Wir tun es den Einheimischen gleich und spazieren am breiten, ewiglangen Strand entlang. Den Abend verbringen wir – ganz irantypisch – mit einer Familie, die uns zum Picknick eingeladen hat. Hamshid ist Früchtehändler und weiht uns ins Geheimnis ein, wie man Granatäpfel richtig schält. Ansonsten hindert uns leider die Sprachbarriere am weiteren Austausch, was die gegenseitige Sympathie aber nicht im geringsten schmälert.
Richtung Küste Bandar-e Abbas Bandar-e Abbas Bandar-e Abbas Strandspaziergang Bandar-e Abbas Bandar-e Abbas Festmahl Endlich mal wieder Picknicken im Iran Traumstellplätze am Golf Kilometerlanger Strand – nur für uns
Nun wollen weiter nach Bushehr, wo wir unsere Freunde treffen wollen. Diese haben wir im Mai kennengelernt und wussten damals schon, dass wir uns irgendwann mal wiedersehen. Der enge Kontakt ist nie abgebrochen und schon bald stürmen die Kinder freudig in das Café, wo sie so oft verwöhnt wurden. Auch wir haben uns sehr auf diese Begegnung gefreut. Am Silvesterabend treffen wir auf viele bekannte Gesichter und werden freudig begrüsst – was für ein schöner Abend! Die Tage bei unseren Freunden sind entspannt, die Kinder geniessen es sehr – trotzdem sind sie überschattet von den Sorgen unserer Gastgeber: das Embargo und seine Folgen hat auch vor ihnen nicht Halt gemacht, sie werden, wie so viele Iraner, von wirtschaftlichen Sorgen geplagt, die Zukunft ist ungewiss. Und wenn der Vermieter, von einem Tag auf den andern die Miete aufs Dreifache erhöht, steht im Iran kein Mieterverband da, der helfend zur Seite steht. Zahlen oder Gehen. Die Menschen, die sich morgens neben TINKAs Stellplatz in/neben ihrem Zelt zur Arbeit fertig machen, werden wohl kaum aus Vergnügen im Januar campieren. Die ungewisse, aber stetig schlechter werdende Situation im Land macht uns nachdenklich – unwissend, dass die politische Lage innert Kürze nochmals eine komplett komplett unerwartete und gefährliche Wende nehmen wird.
Shoppen in Bushehr Zelten nicht zum Vergnügen zwei, die sich gesucht und gefunden haben
Liebe Karin und Familie
Wie geht es Euch allen?
Ich bin begeistert von Eurer spannenden und interessanten Berichterstattung – voller
Spannung warte ich immer wieder auf einen neuen Reisebericht und all die wunderbaren Fotos – ich wähne mich beim Lesen manchmal selber an Ort und Stelle.
Ich freue mich bereits darauf, wenn ihr Eure Reisevorträge haltet – das werdet ihr doch sicher irgendwann einmal tun (?) – das will ich mir dann auf jeden Fall nicht entgehen lassen!
Jetzt wünsche ich Euch noch viele wunderbare Momente, tolle Begegnungen mit herzlichen, hilfsbereiten und gastfreundlichen Menschen und eine gute und sichere Heimreise. In Eurer alten Heimat werdet ihr wohl erst einmal einen Kulturschock erleben…… all die Herzlichkeit die Ihr auf Eurer Reise erfahren durftet ist bei
uns leider nicht mehr standard…..
Häbets guet und bis glii einisch
liebi Grüess
Susanne
Liebe Susanne,
ach schön, von Dir zu hören und danke fürs Begleiten.
Tja, Vortrag…haben uns schon so viele angesprochen…mal schauen 🙂 es werden schlussendlich wahrscheinlich um die 15’000 Fotos sein, und daheim wird das Leben wieder seinen Lauf nehmen!
Ja, du triffst es – einen kleinen Kulturschock haben wir bereits jetzt in der Türkei erlebt: dichte Besiedlung, unglaublich viel Auswahl in Restaurants . und Geschäften – es überfordert uns im Moment noch. Und es zieht uns ehrlich gesagt so gar nicht heim. Aber irgendwann ist das Flohnerleben ja auch zu Ende – leider.
Ganz herzliche Grüsse
Karin & Family
15000 Bilder, bei einem Film mit 12B/s sind das immerhin noch 21min. Da bleibt noch genug Zeit um viel erzählen. Ich komme gerne zum Zuhören.
Viel Grüße aus Sg
Lieber Holm
Was für eine Antwort 😉 Mal schauen, ob uns der Alltag die Zeit zu einem Film/Vortrag lässt. Willkommen bist Du/Ihr aber jederzeit – mit oder ohne Film!
Herzliche Grüsse
KTTJ
Liebe KTTJ,
Danke für die wunderschönen Bilder und den ebenso schönen Text. Ich bin ein paar Minuten mitgereist! Liebe Karin, hast Du in letzter Zeit ins Spam-Mail geschaut?
Ich wünsche Euch eine tolle Weiterreise
Lottigotti
Huhu Lottigotti – schau in deinen Eingang. Hatten Mangel an Strom, Wärme und Zeit 🙂
Liebe Grüsse,
Deine KTTJ