Anmerkung für die Nicht-Berner: Gurtenfestival = traditionsreiches Sommer-Musikfestival auf dem Gurten, dem Hausberg Berns.
Mit jedem Kilometer, mit dem wir Dushanbe zurücklassen, kehrt das Gefühl von Freiheit und Reiselust mehr zurück. Wir sind unterwegs in den Pamir! Wie viele Jahre haben wir doch von dieser Gegend, von dieser Reise geträumt, Reiseberichte verschlungen, Dokus angeschaut, Höhenprofile studiert – bis zuletzt war für uns nicht klar, wie gut diese Route mit TINKA machbar ist, sind die meisten doch mit Jeeps unterwegs. Und nun liegt er vor uns! Vollbeladen mit Diesel, Vorräten und Abenteuerlust machen wir uns auf den Weg. Nach längerem Abwägen entscheiden wir uns für die „Abenteuerroute“ durch den Süden Tadjikistans, stets entlang der afghanischen Grenze und nicht auf dem eigentlichen Highway, dem M41.

Nurek Stausee Herr Rahmon ist überall – aber das kennen wir inzwischen Hauptsache unterwegs – Luxus Nebensache
Die ersten 200 Kilometer führen durch ländliche Gegenden und weite Ebenen; Berge sind in der Ferne auszumachen.
Je näher wir Danghara kommen, desto banger wird uns ums Herz. Vor praktisch genau einem Jahr hat hier das grausame Attentat auf eine Gruppe Radfahrer stattgefunden, vier von ihnen sind dabei ums Leben gekommen. Wir erinnern uns sehr genau an diese Meldung – waren wir doch zu dieser Zeit bereits mitten in den Vorbereitungen von unserer Tour. Umso erstaunter sind wir, als wir die Stelle erreichen: es ist eine gut ausgebaute, übersichtliche Strasse, die in ein weites Tal mit Dörfern wie überall und hübscher Landwirtschaft führt, fernab von neuralgischen Grenzposten oder strategisch wichtigen Punkten. Wir sind traurig und denken an die Opfer, die vor einem Jahr wohl genauso voller Reiselust diese Strasse entlanggestrampelt sind. Wie sinnlos und traurig – und dies im Namen von Allah…
Wir erklimmen Shurabad-Pass und haben von hier aus einen grandiosen Ausblick über das vor uns liegende Tal, durch welches der Panj-Fluss, der die Grenze zwischen Tadjikistan und Afghanistan bildet, fliesst. Der Panj wird die nächsten 500 Kilometer unser ständiger Begleiter sein. Bis hierher waren die 200km Strasse mehr als ordentlich – nun beginnen die Schotterstrassen und Herausforderungen für TINKA und Fahrer. Unten im Tal angekommen, finden wir unsere Strasse direkt am Fluss, Afghanistan liegt unmittelbar gegenüber; in den kommenden Tagen teils so nahe, dass Gesprächsfetzen zu uns rüberwehen und wir Buben beim Baden und Männern beim Esels- oder Töffritt beobachten können. Es mutet eigenartig berührend an, so nah an einem Land zu sein, dass wir mit grösster Wahrscheinlichkeit nie werden bereisen können.
Inzwischen ist das Tal eng, beidseitig gesäumt von hohen Felsen. Wunderschöne Berglandschaften tun sich auf, entlang des Panj-Flusses finden sich lange Sandbänke mit feinstem Sand, der bei den Kindern Entzückensschreie hervorruft. Die Minen-Warn-Tafeln sprechen aber eine deutliche Sprache, sodass wir auf einen Halt hier tunlichst verzichten.
Afghanistan noch sind die Strassen super anstrengende Wegführung in Afghanistan Afghanistan
Zum Teil fahren wir stundenlang, ohne einer Menschenseele zu begegnen; am dritten Tag aber stossen wir auf Davide, einen etwas verrückten, aber gleichsam liebenswerten Skilehrer aus Domodossola, der ohne grosse Vorbereitungen und lediglich mit Minimalausrüstung den Weg von Italien bis hierher in einem Rekordtempo unter die Räder genommen hat – mit dem Resultat, dass sein Rad nun kurz vor dem Totalkollaps steht. So rutschen wir zusammen, binden das Radl aufs Dach und sind fortan zu fünft unterwegs bis nach Khorog, dem einzigen, aber sympathischen und lebendigen Städtchen im Pamir.
Die Strassen werden staubiger… …und enger
Der Zufall will es, dass wir einen Tag vor Beginn des „Roof-of-the-World-Festivals“ in Khorog eintreffen. Ein länderübergreifendes, zentralasiatisches Folk-Festival mit Teilnehmern aus Tadjikistan, Pakistan, Kasachstan, Afghanistan, Indien und sogar aus den USA. Und dies in einer so abgelegenen Gegend inmitten des Pamirs! Wir ergattern uns einen Stellplatz für TINKA direkt am Parkeingang und leisten uns den Dreitagespass für umgerechnet fünf Schweizer Franken. Die Stimmung ist fantastisch und friedlich – und dies bei über 15’000 Zuschauern in einer so kleinen Stadt. Wüsste man es nicht besser, man könnte meinen, man sei auf dem Gurten!
Khorog
Ein weiterer glücklicher Zufall wird uns zuteil; aufgrund der momentan stabilen politischen Lage zwischen Tadjikistan und Afghanistan, die sich aber von einem Tag auf den andern ändern kann, kann der Afghan-Saturday-Market in der Flussmitte stattfinden. Trotz hoher Militär- und Polizeipräsenz verliert dieser Markt, wo die Afghanen ihre Ware feilbieten nicht an seiner Authentizität und entsprechendem Charme, da es in keinster Weise ein Touristen-, sondern ein Markt für Lokale ist. Viel Haushaltwaren werden angeboten, aber auch ganz eigentümliches Zeug, das wir nicht ganz zuordnen können. Stolz verkaufen die Afghaninnen Schmuck und den typischen „Khol“, die schwarze Farbe, die sogar bei Kindern und Männern den Augen noch mehr Ausdruck verleihen soll.
Wie immer sind auch hier unsere Kinder Brückenbauer – noch so gerne hätten wir uns mit den Afghanen unterhalten: woher sie stammen, wie sie die Taliban-Regierung empfinden, wie es ihnen in einem so zerütteten Land ergeht, ob die Frauen drüben die Burka tragen müssen, ob es als Frau überhaupt erlaubt ist, auf dem Markt zu verkaufen…und so vieles mehr. Aber hier hilft nicht mal mehr das Russisch, wir verständigen uns mit Händen und Füssen und Lachen.
Umso mehr freuen wir uns nun auf die Weiterfahrt. Wir haben nun definitiv entschieden, das Wakhan-Valley zu bereisen, also weiterhin über Holperpisten fernab der Asphaltstrassen des Highways durch entlegene Täler und kleine Ortschaften zu tuckern. Knapp 900km Abenteuer bis nach Osh liegen vor uns – die Reise geht weiter!
in der Tat!
vielen dank für die eindrücke fernab unser kleinen schweiz! grüessli und gute Weiterfahrt
Thank you for saving us today Tinka family! We will remain forever grateful. Magda, Will and Subaru
It was a pleasure! Leaving Song Köl today we’ve always expected to meet up an old green car stuck on the rough road…concerning your thoughts about the final destination of your car, in the „Asia Overlanding Forum“ in Facebook these days there was exactly the same discussion about an old car. Maybe it could be useful for you guys. Have a save journey!
TINKA Family
PS: in the next blog we’ll put some pics of Subi and you 😉
Liebe Tinka-Familie, liebe Karin
vielen dank für die karte aus iran. es ist so interessant zu lesen, was ihr alles erlebt. have a save trip. möge der pannenteufel euch verschonen. ihr erlebt wirklich einmaliges. sehr eindrücklich. und diese photos: einmalig. wunderbar.
glg karl
Lieber Karl,
schön, von Dir zu hören! Im Iran haben wir ein paar mal an Euch gedacht und auch an unser Gespräch über dieses Land und die Schwierigkeiten. Nach wie vor aber eines unserer absoluten Favoritenländer mit grossartigen Menschen. In Pakistan müssen wir uns wirklich bremsen, nicht wieder über den Iran zurückzureisen, wobei Belutschistan halt nicht so die Traumdestination ist. Wir geniessen unsere Zeit sehr.
Herzliche Grüsse von der ganzen Clique!