Reise

Isfahan II – mit der Schweizer Skigondel auf den Hausberg oder Alltag auf Persisch

Nach 4 Wochen Iran haben wir uns gut eingelebt und durch den längeren Aufenthalt in Isfahan haben wir dort auch die Gelegenheit, so richtig ins Alltagsleben einzutauchen.

Obwohl uns vor allem das geschriebene Farsi noch immer vor unüberwindbare Hindernisse stellt, kommen uns inzwischen die wichtigsten Alltagswörter über die Zunge (vale, vale, dogulu! Ja, genau, das sind Zwillinge!), wir können die Zahlen lesen – was auf dem Markt und in Geschäften immer wieder für Erstaunen und Freude sorgt – gelegentlich werden wir darauf mit einem Schwall Farsi überschwemmt.

Insgesamt ist das Einkaufen viel einfacher als erwartet. Sehr oft sind – selbst bei Strassenhändlern – das Gemüse und die Früchte angeschrieben, ebenso die Einkäufe auf dem Basar, was das – uns einfach nicht gegebene – Handeln erübrigt. Ausserdem erleben wir die Iraner als durch und durch ehrliche Menschen – von der Währung vollkommen überfordert, haben wir in den ersten Wochen oft einfach das prallvolle Portmonnaie hingestreckt. In all den Wochen wurden wir nicht einmal beschissen – im Gegenteil!

Apropos prallvolles Portemonaie: mit der Währung kämpfen wir bisweilen noch immer. Da der Iran ja keinen Zugang zum Internationalen Bankennetz hat, ist man als Tourist nach wie vor gezwungen, die Devisen für den gesamten Aufenthalt in Bar mitzubringen. Der 500’000 Rial-Schein ist die grösste Note, die es gibt. Aufgrund der starken Inflation entspricht diese halbe Million Rial gerade mal 3 Franken – somit kann man sich ausrechnen, wieviele solche Scheinchen man für 500 Stutz in die Hand gedrückt bekommt! Um das ganze noch etwas komplexer zu machen: keiner rechnet in Rial, da zuviele Nullen. Gebräuchlich ist der Toman, der einem Zehntel Rial entspricht. Somit wären eigentlich 500’000Rial 50’000Toman, was von den meisten aber schlicht mit 50 abgekürzt wird. Da uns manchmal das Preisgefüge nicht ganz geläufig ist und viele Dinge unglaublich günstig, so ist die Verwirrung manchmal komplett oder schlicht peinlich, wie in der Situation, wo wir zögern, ob wir für 5 Bastelbögen für die Kinder tatsächlich 7 Franken ausgeben wollen, der Verkäufer für den Preis noch einen oben drauf legt und schliesslich 70 Rappen verlangt…

Da der Stadtverkehr oft wenig entspannt und die Strassen verstopft und eng, sind wir in den Städten fast immer mit Taxi unterwegs. Im Iran besteht ein Uber-ähnliches Systen, SNAPP – über eine App kann Start und Zielort festgelegt werden, was für den Fahrer und den Kunden gleichermassen praktisch ist, weil so der farsi-deutsch-englische-Zeigemarathon wegfällt, da die meisten Taxifahrer keinerlei Englisch und wir genausowenig Farsi sprechen können.

Die zu Beginn unübersichtlich grosse Stadt wird von Tag zu Tag übersichtlicher; inzwischen finden wir schon problemlos unsere Strasse. Als Wegweiser dient uns ein Shop, auf dessen Schaufensterwerbung sich zur Freude der Kinder süsse Lämmchen tummeln und der stets viel Kundschaft aufweist. Erst später erfahren wir, dass es in diesem Laden aussliesslich ein Gericht zu essen gibt – nämlich Lammhirn-Suppe. Na dann, bon appétit! Seither ist unser Wegweiser nur noch der Lammhirn-Shop…

Selbstverständlich klappern wir die klassischen Sehenswürdigkeiten ab und geniessen diese auch – Isfahan ist ja quasi wie ein grosses Museum. Durch die Kinder sind wir aber auch immer wieder „gezwungen“ diese kulturellen Ausflüge etwas anders zu gestalten als wir das früher vielleicht getan hätten. Aber eigentlich ist ein abendliches Picknick auf dem Grossen Platz, dem Naqsh-e Jahan Platz, mit gelegentlichem Blättern im Kulturführer doch mindestens genauso schön wie einem Guide hinterher zu rennen und sich all die Jahrzahlen merken zu wollen. Der Kauf unserer Iran-typischen, 9qm grossen Picknickdecke führt auf jeden Fall zu einem netten Gespräch mit dem Verkäufer. Wir können ihm glaubhaft versichern, dass auch Europäer gerne Picknicken und nicht, wie von ihm geglaubt, jeden Abend bis spät in die Nacht Alkohol-trinkend in Bars oder das Tanzbein schwingend in Discos verbringen. Und ja, wir geben es zu, auch zu einer Kutschenfahrt haben wir uns hinreissen lassen – und uns vor allem an der Freude der Kinder gefreut.

In den 21 Bögen der Khubi-Brücke spielen wir Verstecken, die Sos-e Pol (= Brücke der 33 Bögen) begutachten wir vom Pedalo aus – Mama und Papa haben strampeln sich in der Hitze einen ab, derweil Julian begeistert steuert und Tabea am Schwanenhals posiert und so Fotosujet diverser Iraner wird.

Wir besuchen den hübschen Vogelpark, wo man – für unsere Verhältnisse recht ungewöhnlich – selber durch eine gigantische Vogelvoliere durchgeht und dem Flamingo oder dem Pelikan quasi den Flügel schütteln kann. Die vielen herumliegenden Federn beschwören bei Julian und Tabea förmlich eine Sammelwut herauf, sodass wir nun mindestens ein Kissen oder sicher aber einen beachtlichen Indianerschmuck damit herstellen könnten!

All die Paläste und auch Moscheen ziehen auch die Kinder in ihren Bann – sie sind fasziniert von den schönen Farben und Formen. Tabea veranlasst unseren Guide mit der Frage, wieso es denn nirgends Pink in den Moscheen gäbe, zu einem Exploi – wohl tatsächlich ein Thema in der persischen Architektur. Julian und Tabea sind begeistert über die spezielle Akkustik der Kuppeln und prüfen diese nun gerne in allen grösseren Gebäuden; Julian schaut sich hochinteressiert das Barthaar des Propheten durch das Mikroskop an, während Karin es zugegebenermassen eher mickrig und Tabea die Blümchen im Kirchgarten der armenischen Vankkirche ebenfalls bedeutend spannender findet.

Die Perser sind bekannt für ihre Gartenarchitektur – auch Isfahan weist mehrere wunderschöne, riesige Parkanlagen auf. Wären da nicht immer die dauernknatternden Motorräder, vor denen man sich stets in Acht nehmen muss, könnte man sich darin voll und ganz vom Trubel der Stadt erholen. Wie selbstverständlich knüpfen die Kinder Kontakte – die Sprachbarriere scheint überhaupt nicht vorhanden zu sein. Ausserdem ist momentan Maulbeeren-Zeit; diese sind in den Parks in Hülle und Fülle vorhanden, prall-reif und süss und fallen einem quasi direkt in den Mund – oder aber kleben schmatzend an den Schuhen.

Natürlich können wir es nicht lassen, dem Hausberg der Stadt, dem Koh Sofeh, einen Besuch abzustatten – eine schöne, nicht ganz unanspruchsvolle Wanderung, die die Zwerge stolz meistern. Der lange Aufstieg ist mitunter auch darauf zurückzuführen, dass wir dauernd in nette Gespräche verwickelt und die Kinder mal wieder auf Dutzenden von Handybildern verewigt werden. Leider ist uns die Dame mit Kletterhelm über dem Tschador aus dem Blickfeld gehuscht – ein wirklich erstaunlicher Anblick. Auch an diesem Tag als Abschluss eine Picknickeinladung und ein Spontankonzert inklusive.

Apropos Tschador: auch diese Erfahrung darf Karin in Isfahan mitmachen. Und zwar bei der Antragsstellung zur Visumsverlängerung. Bei Eintritt in dieses öffentliche Gebäude durchlaufen Frauen und Männer ähnlich dem Ablauf auf dem Flughafen einen geschlechtsgetrennten Bodycheck. Obwohl allseits knöchelbedeckend und bis auf den blauen Hijab in schwarz gekleidet, kann Karin den strengen Augen der Kleiderüberwacherin nicht genügen und ein zusätzlicher Tschador wird gereicht. Dies ganz zum Vergnügen von Tabea und Julian, die die lange Wartezeit zum Gugus-Dada-Spiel damit nutzten. Dass Kafkas „Prozess“ im Iran bekannt ist (böse Stimmen behaupten er beschreibe ziemlich genau die Bürokratie hier), verwundert wenig. Eine Woche vor Ablauf unseres Visums wird unser Antrag auf Verlängerung abgelehnt mit der Begründung, dies sei noch viel zu früh, wir möchten doch in 5 Tagen wiederkommen. Da wir nicht eine weitere Woche in Isfahan verbringen wollten, stellen wir uns 2 Tage später beim selben Beamten erneut in die Reihe und dürfen tatsächlich den Antrag stellen. Von Schalter 12 im ersten Stock zu Schalter 16, von dort zu Schalter 2 im Parterre, um zu Schalter 5 im Eingangsbereich erneut zu Schalter 2 geschickt zu werden, an welchem festgestellt wird, dass Schalter 5 einen Stempel vergessen hat. Also wieder anstehen und nach erhaltenem Stempel bei Schalter 5 zu Schalter 2, der uns nach Durchsicht der Papiere erneut in den ersten Stock zum Schalter 16 schickt, wo wir nach einer Wartezeit reingerufen werden, um uns mitzuteilen, wir könnten unsere Visumsverlängerung in 2 Tagen abholen. Das war ja wohl ein Kinderspiel – und weitere 30 Tage Iran sind gesichert!

2 comments

  1. beauty full pictures . i am rasool Yak bike . Hunza vally Pakistan

    1. Dear Rasool, thanks for your kind comment! 2 SIM-Cards and 4 visits in the shop we Finally got internet – yeah! it was so nice to meet you (first and again in Gilgit) and to spend a good time at your shop drinking tea together. We are really happy to stay in Pakistan and to meet people like you!
      Wish you all the best,
      Karin & Toralf with Tabea & Julian

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