Der Übertritt von Kroatien nach Montenegro ist unspektakulär, abgesehen von der Tatsache, dass wir hektisch unsere grüne Versicherungskarte suchen, die sich dann glücklicherweise doch noch findet. Trotzdem ist die Anspannung, je weiter man sich von zuhause wegbewegt, je unbekannter das Land, mit jedem Grenzübertritt etwas grösser; von Montenegro hatten wir vor Reisebeginn so gar keine Vorstellung.
Nach den ersten paar Kilometern im Niemandsland des Grenzgebietes kommen wir wieder Richtung Küste. Und es verschlägt uns den Atem ob dieser atemberaubenden Schönheit, die nur schwer in Worte zu fassen ist: Man stelle sich die schönsten Buchten von Kroatien mit ihrem azurblauen Wasser vor, nehme rauhe und steil aufragende Bergformationen der Innerschweiz, gebe noch etwas Fjorde von Dänemark und das mediterrane Flair der Côte d’Azur hinzu – und wird der Schönheit der Bucht von Kotor noch immer nicht gerecht. Das erste Mal auf dieser Reise haben wir das Gefühl, das Herz komme all den Sinneseindrücken nicht mehr ganz hinterher.

Die Kinder beobachten gebannt die Fähren im warmen Abendlicht, welche den Verkehr auf die andere Seite der Bucht bringen und lernen beim Herumturnen auf dem Pier viele neue Vokabeln dazu. Es ist faszinierend zu sehen, wie schnell sie sich an das neue Leben auf vier Rädern gewöhnt haben. Für sie ist TINKA bereits voll und ganz ihr Zuhause, „Diesel tanken“, „LKW“ und „Stellplatz“ haben ihren festen Platz in ihrem Vokabular. Sie sind ausgeglichen, fröhlich und geniessen die gemeinsame Zeit offenbar genauso wie wir. Auch äussern sie nun ganz konkret ihre Wünsche – so wünschen sie sich am heutigen Abend Pizza; wir Eltern hätten ja gerne die lokale Küche ausprobiert. Tatsächlich soll es in der Nähe unseres Übernachtungsplatzes eine Pizzeria geben, die sich nach etwas Suchen als Schicki-Micki-Lounge mit edlem Interieur herausstellt. Wir kommen uns – etwas zerknittert und nicht mehr ganz so sauber – zwar etwas fehl am Platz vor neben den Cocktail schlürfenden Schönen und Reichen, aber versprochen ist versprochen. Und so speisen Julian & Tabea manierlich und zufrieden in den Samtstühlen versinkend ihre Pizza.

Wir geniessen während den Momenten, wo die Sonne durchblitzt, die hübschen Kiesstrände, immer wieder unterbrochen mit pitoresken Städtchen; oft ist es aber nicht ganz so einfach, unsere TINKA darin herum zu manövrieren. Ausserdem hat uns nun wieder der Regen eingeholt, es schüttet wie aus Kübeln, wir haben keine trockenen Schuhe mehr und bei den Kindern läuft auch schon die Nase.
Gerne hätten wir dieses vielversprechende Land, wo direkt am Strand auf Plakaten für Skilifte geworben wird, noch etwas näher kennengelernt, insbesondere auch das Landesinnere; geklettert, Canyons erkundet, Wanderungen gemacht oder Städte besucht. Auf jeden Fall hat uns dieses kleine Land verzaubert.
